JOSEPH DUPLEX Die Anthropologie des Thomas Mann, B.1, in: Forum für Literaturanthropologie, LIT-Verlag, Berlin-Münster-Zürich 2023 Forum für Literaturanthropologie, LIT-Verlag Berlin 2022 722 Seiten | ISBN: 978-3-86924-242-2
Band 1: Haupttext Die biblische Josephsgeschichte gehört zu den Schlüsseltexten der philosophischen Anthropologie des frühen 20. Jahrhunderts. Wie das Apollinische, Dionysische und Orphische beschreibt auch das Josephische eine mythengestützte modale Kategorie des literarischen Denkens und Schreibens vom zerrissenen Menschen, der Thomas Mann in seinem Monumentalwerk der Romantetralogie “Joseph und seine Brüder” nur eines der umfangreichsten Beispiele lieferte.
Die Abstraktionsebene der Josephsgeschichte als symbolische Form des Menschen entstand früh aus der theologischen und dann vor allem literarischen Kommentar- und Rezeptionskultur des Narrativs, bildet bei Thomas Mann jedoch eine weit darüber hinausreichende exegetische Eigenständigkeit; eine eigene Anthropologie des Literarischen. Hier wird Joseph zur Bedingung für alles erzählbare Geschehen und zur unabdingbaren Grundlage der menschlichen Natur und Kultur im Wesen und Prinzip des josephischen Denkens.
Literalität ist ein natürlicher Reflex des Menschen, Literatur als Kunstform humanimmanent und damit phänomenologisch anthropologisch, man könnte auch sagen: der Mensch in seiner Ganzheit ist vor allem eine Formulierung dessen, was er war, ist und sein könnte. Diese konjunktivische Konstitution der humanen Natur als formulierte Möglichkeit zwingt ihn zur Literalität als Distinktion seines ansonsten im eigenen Skotom existenziell nicht zugänglichen Zustandes. Dieser allgemeinen literalen Verfasstheit des Menschen treten zwei weitere Wissenschaftsinteressen der Literaturanthropologie hinzu: einerseits der Mensch als thematologischer Teil des Literarischen und andererseits das Literarische als Teil der Humanerziehung und -bildung.
Diese drei grundlegenden Aspekte des Anthropologischen in der und durch die Literatur zielt auf eine Definition der intraindividuellen Interaktion des Menschen. Eine Spezifizierung, die die interindividuelle Bezugsnorm als eine sekundäre kulturanthropologische Dynamik betrachtet, die so nicht Teil der Literaturanthropologie sein kann. Der Mensch wirkt im Mengeneffekt einer steigenden Rezeption seiner Erzeugnisse kultural, dort wo sich Ansichten zur Meinung, Rezeption zur Gewohnheit und Lektüre distinktionsbildend auswirken. Die Kultur ist folglich immer ein Mengenphänomen der humanen Umgebung und steht mit dem Menschen so in nur sekundärem Zusammenhang. Literaturanthropologie konzentriert sich nachfolgend auf die Wissenschaftsfrage von den literalen Erzeugnissen des Menschen, nicht jedoch auf die Wissenschaft der daraus resultierenden Dynamiken in Kultur und Gesellschaft. Das Forum für Literaturanthropologie will dieser Definition folgend einen Raum des wissenschaftlichen Kommentars schaffen und fördern, der diesem, dem Menschen allgemein inbegriffenen Reflex zur Literalität nachgeht.
JOSEPH DUPLEX Die Anthropologie des Thomas Mann, B.2, in: Forum für Literaturanthropologie, LIT-Verlag, Berlin-Münster-Zürich 2023 Forum für Literaturanthropologie, LIT-Verlag Berlin 2022 546 Seiten | ISBN: 978-3-86924-242-2
Band 2: Anmerkungen und Register Der Registerband umfasst einen ausführlichen Kommentar und Indexverzeichnisse, die die Lektüre mit den Quellen der Thomas Mann Bibliothek, seiner paratextlichen Erzeugnisse und dem bibelwissenschaftlichen, ideengeschichtlichen und literaturkritischen Forschungsfeld kontextualisieren. Die Schwerpunkte des Kommentarbandes liegen dabei auf der Quellenforschung, der linguistischen, theologischen und ideengeschichtlichen Differenzierung des Quellenmaterials, wie darüber hinaus gehend die weitreichende Auswertung von Thomas Manns eigenen nachweislichen Lesespuren in dem verbliebenen Bestand der Thomas Mann Bibliothek.
Von Gottes Sprachlichkeit Eckhart-Bild und Eckhart-Bilder in Thomas Manns Josephsromanen in: Meister-Eckhart-Jahrbuch 9, Kohlhammer 2015
Die Romantetralogie ›Joseph und seine Brüder‹ von Thomas Mann – entstanden
zwischen 1925 und 1943 und ab 1933 mit einer durch den Roman ›Lotte in Weimar‹
bedingten Unterbrechung von 1936 bis 1939 veröffentlicht – stellt schon von
ihrem Umfang her ein Ausnahmewerk der Literatur des 20. Jahrhunderts dar.
Angesichts des nummerisch nahezu biblischen Textkorpus der Tetralogie steht
die literaturwissenschaftliche Forschung vor der grundsätzlichen Herausforderung,
dass eine Werkinterpretation aus rein textimmanenter Analyse weitgehend
unmöglich erscheint und zudem zwangsläufig in dem Maß an Substanz und
Glaubwürdigkeit verliert, wie sie sich von den tagebuchlichen, brieflichen oder
weiteren kommentierenden Überlieferungen des Autors und seines Umfeldes als
Evidenzmaßstab und Richtungsangabe entfernt. Diese methodische Gebundenheit
der Forschung an literarische Artefakte des Autors fundiert schließlich jede
positive Quellenkritik. Gleichwohl kann sie nur einen kleinen Teil der Quellen
berücksichtigen, die von Thomas Mann tatsächlich herangezogen wurden.
Dieses fragmentarisch verengte und durch Thomas Mann allenfalls gutwillig fokussierte
literarische Verständnis der ›Josephsromane‹ verstellt der Quellenforschung
schnell den Blick für Thomas Manns literarisch personifizierten »Hang
zur Gedankenverbindung«,3 zur geistigen Assoziation philosophischer, theologischer, anthropologischer oder politologischer Konnotate, welche textimmanent
gebunden wissenschaftlich nur aus der zeithistorischen Gesamtschau der
Jahrhundertwende bis in die Zwischenkriegszeit beider Weltkriege erschlossen
werden können, »denn erst vor [ihrer] Folie beginnen die Motive sichtbar zu
werden und zu sprechen«.4 Zwischen dieser zeithistorischen Geistigkeit und
überlieferten Schriftlichkeit liegt letztlich die literarische Sprachlichkeit, deren
interdisziplinäre Rezeptionsanalyse im Rahmen einer Literaturpsychologie dem
Umstand Rechnung tragen muss, dass die meisten später von der Thomas-Mann-
Forschung etwa durch wörtliche Zitate identifizierten Quellen der ›Josephsromane‹
von Thomas Mann nicht namentlich benannt oder von ihm mit seinem
Werk in Zusammenhang gebracht worden sind.
Obwohl Thomas Mann überliefert, sich auf »die Mystik, Meister Eckehart
und den Cherubinischen Wandersmann«5 in den ›Josephsromanen‹ berufen zu
haben, ist Meister Eckhart, seine christliche Philosophie und exegetische Singularität
und das damit verbundene theologische Denken eine dieser wenig
benannten und bezeugten geistigen Quellen Thomas Manns.6 Demgegenüber
stehen namentliche Erwähnungen Meister Eckharts im Gesamtwerk Thomas
Manns zwischen 1923 und 1954, die hier in ihren vier unterschiedlichen Schreibweisen
– (a) ›Eckhart‹, (b) ›Ekkehart‹, (c) ›Ekhardus‹ und (d) ›Eckehart‹ – den
philologischen Leitfaden bilden, das Meister-Eckhart-Bild Thomas Manns aus
dem Denken der Jahrhundertwende zeithistorisch zu rekonstruieren und die
Eckhartisch inspirierte Bildersprache der ›Josephsromane‹ als ideengeschichtlich
diversifizierte anthropologische Sprachtheologie zu beschreiben.
Auf der Suche nach der göttlichen Ästhetik Die Passacaglia BWV 582 zwischen Hölle und Himmel AVM 2012
Die Passacaglia BWV 582 von Johann Sebastian Bach ist ein einzigartiges Meisterwerk
der Musikgeschichte. Der Autor stellt in diesem glänzend geschriebenen, sorgfältig
recherchierten und um umfangreiches Bildmaterial ergänzten Buch eine erstmals in
dieser Ausführlichkeit stattfindende Analyse des Werkes vor, sondern positioniert die
Passacaglia in einem völlig neuen historischen, musikwissenschaftlichen und ideengeschichtlichen
Kontext, der eng mit der Historie des 10. Sonntages nach Trinitatis
verbunden ist. Die Zerstörung der Stadt Jerusalem im Jahr 70 und die Zerstörung
Magdeburgs 1631 während des Dreißigjährigen Krieges erzählen dabei eine Geschichte
von Hölle und Heilserwartung, der Sehnsucht nach Gott und der grausamen Realität
eines 30 Jahre währenden zerstörerischen Krieges in der Mitte Deutschlands. Dabei
besticht der Autor mit einer Klarheit und Stringenz in seiner Argumentation und
Beweisführung, die ein völlig neues Licht auf dieses Jugendwerk Bachs wirft.
Op zoek naar de muziek achter de partituur Drywa transcribeert Sibelius Timbres N°6 Amsterdam 2009
Een componist wiens werk niet meer klinkt, of, erger nog, wiens werk alleen nog maar op een bepaalde manier gehoord wordt, verdwijnt onder de opvattingen van de generaties na hem, zonder zelf nog in staat te zijn het perspectief op zijn werk te kunnen veranderen. Het is een essentieel werk voor wie de westerse klassieke muziek liefheeft: Sibelius' symfonische gedicht over zijn geboorteland, Finlandia. Niet alleen als compositie, maar ook als noodzakelijk element voor wie Sibelius (1865-1957) wil begrijpen, een onderneming die iedere musicus die zijn werk spelen wil, zal moeten ondernemen. Je zou zelfs kunnen zeggen dat dit begrijpen afhangt van de mate waarin je onderkent hoe Finlandia en de grote symfonie van Sibelius' levensverhaal met elkaar samenhangen.
In een klein, op het eerste gezicht verwaarloosbaar hoekje van deze levenssymfonie, schuilt een kleurrijk detail: Jean Sibelius was organist. Zijn vriend, de Finse schilder Akseli Gallen-Kallela, had een orgel in zijn atelier staan, waarop Sibelius vaak improviseerde. Beide kunstenaars waren zonder twijfel verbonden door eenzelfde idee: de symfonie van de vrijheid van hun natie en van de cultuur van de mensen die in die natie leefden.
Nu valt het onder de verantwoordelijkheid van de interpreterende musicus de identiteit van een compositie recht te doen, zeker wanneer hij, zoals ik zal doen, transcripties van orkestwerken op orgel speelt. Juist daarom is dit onbekende aspect van Sibelius van belang: hij schreef enkele orgelwerken, waardoor het iets gemakkelijker is te weten hoe hij het orgel wilde laten klinken. Denk bijvoorbeeld aan zijn Trauermusik (opus 113) of aan Die Musiken (opus 113). Bijzonder interessant is het in dit verband ook dat Sibelius de transcriptie voor orgel van Finlandia (opus 26), gemaakt door Herbert Austin Fricker (1868-1943), expliciet toejuichte. Fricker was destijds een in Engeland en Amerika bekende componist, organist en dirigent. Al met al is het dus geen onhoudbaar idee orgeltranscripties te maken van Sibelius' symfonieën en symfonische gedichten.
Auteur : Gottfried Thore Drywa Musikzeitschrift TIMBRES (6/2009) ORGELPARK Amsterdam.